Kenneth Minor

Kenneth Minor ist eine Band. Ein Sternensystem. In unterschiedlichen Konstellationen kreisend um einen fixen Punkt. Bird Christiani. Die Konstante. Der Ruhepol. Seit 2007 Gründungsvater und Mastermind. Gitarrist und Sänger. Und Songschreiber in einer Zeit, in welcher der inflationäre Gebrauch des Singer-Songwriter-Begriffs denselben ja beinahe hierzulande zum Schimpfwort degradiert hat. Meint Singer- Songwriter ja lediglich das Singen selbstgeschriebener Songs, so verbindet manch einer damit das Klischee des weinerlichen Jünglings, mit der zarten Stimme. Ein bisschen Geschrammel, gespielte Tiefgründigkeit, Bekanntes neuaufgekocht, ein bisschen Pling Pling und zum Schluss eine Prise Hipster-Style. Fertig.

Nicht im Falle von Kenneth Minor.  Hier treffen handwerkliche Fertigkeiten, u.a. abgeguckt bei den US-Folk-Bluesern der 1920er Jahre, auf postmoderne Ideen, kreative Spielereien und unorthodoxe Arrangements. Hier freut man sich und leidet echt.  Hier prangert man an und regt sich auf, hier liebt man, tobt, doch hasst niemals. Hier wird erzählt und mit Sprache gemalt. Hier spricht die Musik.Die vermeintlichen Einflüsse, die der Musik von Bird Christiani zugeschrieben werden, sind sehr unterschiedlich. Es fallen Namen wie Ryley Walker, Mark Kozelek, Elliott Smith, Paul Simon, Bob Dylan, Ray Davies, Beck oder Mark Oliver Everett. Fragt man Christiani, erfährt man, dass er teilweise erst durch die Nennung dieser Einflüsse in der Presse auf gewisse Künstler aufmerksam geworden ist. Die Namensliste bleibt unvollständig und privat. Und irgendwie auch schön, dass das Einordnen von Kenneth Minor in die Schubladen der Musikzirkuswelt nicht recht gelingen mag. Vielleicht Segen und Fluch zugleich.

Bandgeschichte:

Kenneth Minor wurde 2007 von Jörg „Bird“ Christiani (Gesang, Gitarre, Texte) gegründet. Zusammen mit Steve Gaeta (Kool Ade Acid Test, Universal Congress of) an Bass und Perkussion fand der erste Auftritt auf der Yellowstage der Hazelwood Studios in Frankfurt am Main als Opener für Bobby Bare Jr. (Nashville/Tennessee) statt. Es folgte sogleich die erste Veröffentlichung in Form einer 4-Track-Promo-CD (Auflage 50.000) mit dem Titel „Folk Session“ in Kooperation mit dem Mikrofonhersteller Beyerdynamic auf dem Label Hazelwood Vinyl Plastics. Kurz darauf fand sich der Song „Call You Mine“ als Opener der "15 Jahre Hazelwood Compilation" mit dem Titel „Showroom Rebels“ (u.a. King Khan & His Shrines, Mardi Gras BB, Kool Ade Acid Test, Bobby Bare Jr.) wieder. 2009 kam mit Thomas Berg (Lapsteel, E-Gitarre) ein weiteres Bandmitglied hinzu. Als Trio nahm Kenneth Minor das erste Album „In that they can’t help it“ auf, welches von Wolfgang Gottlieb und Gordon Friedrich produziert und auf dem Label Hazelwood Vinyl Plastics veröffentlicht wurde (Gute Presse-Resonanz: Intro, Rolling Stone etc.). 2010 bis 2011 folgte eine ausgedehnte Tour durch Deutschland und es kam zu vereinzelten Auftritten in Österreich, Schweiz, Belgien und in den Niederlanden. Kenneth Minor tourte solo und als Trio mit dem US-Amerikaner und Hüsker Dü Gründer Grant Hart (+ 13.09.2017) und dem Isländer Pétur Ben. Besonders zu erwähnen sind zwei Solo-Auftritte im legendären (mittlerweile abgerissenen) 12 Bar Club in London (UK), wo bereits Joanna Newsom, Libertines, Keane, Jeff Buckley etc. aufgetreten waren. Insgesamt kam es innerhalb von nur 2 Jahren zu ca. 130 Auftritten. Songs der Veröffentlichung bekamen Airplay (Gold-Status auf motor FM mit dem Song „Call You Mine“, vereinzelte Spielungen auf br1, detektor FM, DeutschlandfunkKultur etc.). 2012 kam Robert Herz (Okta Logue) als Schlagzeuger hinzu und nahm zusammen mit „Bird“ Christiani und Thomas Berg das zweite Album in den Hazelwood Studios auf. Produziert wurde es von Wolfgang Gottlieb. Die Jahre 2012 bis 2017 waren von unglücklichen Umständen geprägt. Das Label Hazelwood kämpfte nach 27 Jahren, wie viele Indie-Labels, um die wirtschaftliche Existenz. Trotzdem fühlte man sich als Band freundschaftlich verbunden und verhielt sich bis zum Schluss loyal, was jedoch gleichzeitig einem eigenen Stillstand gleichkam, da der Tonträger zwar noch in den Hazelwood Studios aufgenommen worden war, jedoch für lange Zeit nicht veröffentlich werden sollte. Der Existenzkampf endete letztendlich mit der Insolvenz des Labels. Steve Gaeta hatte die Band kurz vor den Aufnahmen aus persönlichen Gründen verlassen. Am 26.04.2013 fand der vorerst letzte Auftritt mit Robert Herz in der Pixelkitchen in Frankfurt am Main statt. In den Jahren 2013 und 2014 trat „Bird“ Christiani vermehrt solo und im Duo zusammen mit Athena Isabella auf, die Kenneth Minor als Bandmitglied komplettierte. Thomas Berg widmete sich derzeit verstärkt seinem Privat- und Familienleben. Im Jahr 2015 wurde der zweite Longplayer „endlich“ auf Vinyl gepresst und anlässlich dessen kam es im Schlachthof Wiesbaden am 15.07.2015 zu einem feierlichen Release-Konzert. Auf Grund einer Verletzung von Robert Herz sprang Freund und Schlagzeuger Florian Helleken (The Audience) ein und ist seitdem festes Bandmitglied, da Robert Herz sich immer mehr den intensiven Touring-Aktivitäten seiner Band Okta Logue widmete. Das Release-Konzert wurde von der befreundeten Band Fooks Nihil eröffnet und brachte viele Freunde und ehemalige Bandmitglieder zusammen auf die Bühne. Mit dabei waren Robert Herz (Percussion), Wolfgang Gottlieb (Bass), Thomas Berg (Lapsteel/E-Gitarre), Luca Hanisch (Gitarre/Gesang), Benno Herz (Gitarre/Gesang), die Band Bees Village (Gesang) und Thies Möller (Trompete). 2017 kam es zur digitalen Veröffentlichung des zweiten Albums „Phantom Pain Reliever“ auf dem frisch gegründeten Liebhaber-Label Lotte Lindenberg und am Bass stieß mit Andreas Lüttke ein langjähriger Freund zur Band (wieder gute Presse-Resonanzen: z.B. Platte der Woche auf gaesteliste.de, Flight 13 etc.). Die Pechsträhne sollte nun ein Ende haben und neue kreative Energie wurde freigesetzt. Manch einer sprach nun gar von einem „Comeback“. Zu Beginn des Jahres 2018 wurden die Aufnahmen des dritten Albums abgeschlossen. Aufgenommen wurde es von Lolo Blümler in den Iron Bar Studios in Darmstadt und gemixt wurde es in London und Hamburg von Hannes Plattmeier. Gemastert wurde es von Hans Wagner in Wien.

Kenneth Minor fand endlich mit dem Düsseldorfer Label Unique Records (Suzan Köcher, Love Mache etc.) eine neue Label-Heimat, da Lotte Lindeberg eher als Interimslösung angedacht war. Zudem ergab sich die zukünftige Zusammenarbeit mit der 4MA aus Dortmund, welche für Promotion- und Managementaufgaben zuständig sein sollte.

Im Oktober 2019 veröffentlichte Kenneth Minor sodann das dritte Album unter dem Titel „On My Own“ auf Unique Records. Nach den beiden von der Fachpresse gewürdigten Vorgängern „In That They Can’t Help It“ und „Phantom Pain Reliever“, Auftritten im In- und Ausland (von Bamberg bis London), einer Berg- und Talfahrt, aber auch mit dem zwischenzeitlich vom Berliner Magazin Cute & Dangerous verliehenen Innocent Award 2017 in der Kategorie „Best Singer-Songwriter“ in der Tasche, handelte es sich bei der Veröffentlichung des dritten Longplayers um das bislang facettenreichstes Album, ohne dabei den roten Faden zu verlieren: Stampfender Folk-Blues, den Fingerspitzen abgerungenes Picking, Swamp, scheppernde E-Gitarren mit Punk-Attitüde und einschneidender Slide-Gitarre, gekonnter Minimalismus, relaxter Folk, eigenwilliger Beat in zeitgenössischem Soundgewand - ohne dabei klischeehaft zu wirken. Die melodiestarke Charakterstimme, gestützt von harmonischem Chorgesang pendelt zwischen fragiler Expressivität und selbstsicheren Ansagen, malt poetisch-sprachliche Bilder von der inneren und äußeren Welt und spannt den inhaltlichen Bogen zwischen autobiographischem Erlebnis und Gesellschaftskritik. Anlässlich der Veröffentlichung kam es zu einer Clubtour als Trio (Athena Isabella ist mittlerweile nicht mehr Teil der Band) im Herbst/Winter 2019 und neben positiven Rezensionen in der Presse  erhielt bzw. erhält die Platte immer noch diverse Spielungen/Vorstellungen im Radio (SWR1, HR 1, WDR5, Deutschlandfunk, Antenne Thüringen, Bayern2/Zündfunk, Byte FM, MDR 1 Thüringen, diverse Uni-Sender).Im Januar 2020, als man in Deutschland die Auswirkungen der weltweiten Virusverbreitung noch nicht erahnte, mündet eine Silvesterparty schließlich in eine zweiwöchige Wohnzimmer-Aufnahmesession.Bird Christianis Songs treffen hier auf den New Yorker Musiker Gregg Weiss, mit dem sich in den letzten Jahren, nach ein paar gemeinsamen Konzerten, eine Freundschaft - und nun auch fruchtbare musikalische Kooperation entwickelt hatte. Die Basis: Ein paar Gitarren, ein Kontrabass, ein Banjo, eine Trommel, ein wenig Aufnahmeequipment und zwei unterschiedliche Perspektiven in einem Wohnzimmer.So enstand im Januar 2020 die neue Kenneth Minor EP, die gemäß ihrer Genese mit „Living Room Sessions“ betitelt wurde. Vier Songs, die nicht so recht in den Kontext des erst 2019 veröffentlichten Albums „On My Own“ gepasst haben, produziert von Gregg Weiss (NYC), gemastert von Hans Wagner (Wien) wurden am 17.07.2020 auf Unique Records veröffentlicht und fanden kurze Zeit später sogar ihren Weg ins Radio (Deutschlandfundkultur, WDR5, SWR1, diverse Independent-Sender).„Grim Reaper“ lässt mitschunkeln und versprüht trotz düster anmutendem Titel sommerliche Frische und positive Strahlkraft, mit aufblitzender Knopflergitarre. „Simple Twist“, spärlich instrumentiert mit Kontrabass, Gitarre und Gesang nimmt ein bekanntes Motiv, legt es erfrischend anders auf und verpackt es in Renaissanceharmonien. „A Song To Dream Away (Still Me)“, das so Kurt Vile-ig larmoyant daherkommt, umgarnt von Waber-Tremolo Atmosphären und „Family Tree“, welches tief im Mittleren Westen beheimatet ist. Tumbleweed, Tom Joad lehnt an der Scheune ... und inhaltlich eine bezaubernde Hommage an die Liebsten.

Aktuell finden, unter virusbedingten Einschränkungsmaßnahmen, sogar wieder Kenneth Minor Konzerte statt (Centralstation Darmstadt, Batschkapp Frankfurt a. M. etc.) und man nutzt die Zeit, um den nächsten Longplayer vorzubereiten, wenn auch gleichzeitig das Tourleben gerade weitgehend stillsteht.

--



Impressum